Von blinden Flecken, Partnerschaft und der Chance zu wachsen

Die blinden Flecken!

Um welche blinden Flecken geht es? Wir sind vieles – mit vielen Seiten in uns (inneres Team). Alle Seiten oder Team-Mitglieder haben Da-Sein-Berechtigung. Schenken wir ihnen extra Portion Wertschätzung, tragen wir groß zu unserer persönlichen Weiterentwicklung.

die blinden Flecken

Ein herzliches Dankeschön an Peter Wiesejahn für seinen schönen Gastbeitrag über die blinden Flecken!

In diesem Artikel soll es um blinde Flecken gehen, die wir alle mit uns herumtragen.

Wenn du in einer Partnerschaft lebst, können die blinden Flecken ein Aufhänger sein, um deine Beziehung zu verstärken.

Wenn du momentan Single bist, geben die blinden Flecken dir vielleicht einen Aufschluss darüber, wie du das ändern kannst.

Ich werde dir ein wenig über meinen Weg erzählen und dir zeigen, wie ich meinen blinden Flecken auf die Schliche kam. Solltest dich allein die praktische Umsetzung interessieren, kannst du den Teil getrost überspringen.

Menschen in einer Beziehung gehen dann bitte zur Überschrift „Ein Vorgeplänkel“. Single können direkt zu „Das Erkennen von blinden Flecken“ weiterscrollen.

Warum du dir deine blinden Flecken anschauen solltest

Wenn es dir gelingt, deine blinden Flecken zu entdecken, hat das mehrere Vorteile für dich. Zum einen sind sie Teil deiner Persönlichkeit, ob dir das gefällt oder nicht. Sobald du diese erkennst, kannst du entscheiden, wie du mit ihnen umgehen willst.

Du kannst deine blinden Flecken als Bereich deines Charakters anerkennen. So bist du halt und das ist vollkommen in Ordnung. Wir alle haben unsere Ecken und Kanten. Du kannst dich auch entscheiden, diesen Anteil deines Wesens zu erweitern. Beide Vorgehensweisen stehen nebeneinander. Keine ist besser.

Du lernst dich mit all deinen Facetten besser kennen. Ich glaube, dass es darum im Leben wirklich geht. Abschließend ist es so, dass sobald du deine blinden Flecken kennst, dich niemand mehr über sie manipulieren kann.

Treffer, versenkt

„Das schenkst du mir, weil ich dich lieben soll.“ War die Aussage meiner Freundin. Sie traf mich unvorbereitet und war ein KO-Schlag in der zweiten Runde. Doch lass mich einen Schritt zurück gehen.

Wochenlang hatte ich mir den Kopf zerbrochen. Ich wollte ihr ein wirklich schönes und ausgefallenes Geschenk machen. So entwarf ich selber einen Kettenanhänger und gab ihn beim Goldschmied in Auftrag.

Der Tag hatte gut angefangen. Irgendwann waren wir wegen einer Kleinigkeit in Streit geraten. Nach dem sich die Wogen ein wenig geglättet hatten, übergab ich ihr mein Geschenk. Und dann das. Ich stand auf und ging, einigermaßen aufrecht ins Bad. Dort konnte ich die Tränen nicht mehr halten. Ich war am Boden zerstört.

Etwas später kam meine Freundin hinterher. Sie entschuldigte sich: „Das hätte ich nicht sagen sollen.“ „Bei allem, was du mir heute an den Kopf geschmissen hast, ist dass das Einzige, was stimmt.“ Meine Aussage kam aus dem nichts. Ich war gleichermaßen erschrocken, wie auch erleichtert.

Wir unterhielten uns lange. Sie saß auf der Wanne und ich auf dem Klo. Ich erzählte Ihr, dass ich meine Angst, sie könne mich verlassen, nicht wahrgenommen hatte. Bis zu ihrer Aussage.

Die Offenheit, zu der wir in diesem Gespräch gelangten, half uns beiden und der Beziehung. Wir wurden mutiger den anderen auf seine blinden Flecken hinzuweisen. Das war nicht immer einfach. Manchmal tat es richtig weh. Letztendlich lernen wir uns und jeder sich selber besser kennen.

Verletzungen gehören dazu

Unsere Liebe

In jeder Beziehung kommt es zu Verletzungen. Manchmal geschehen sie absichtlich. Wir wollen den anderen verletzen. Meist dann, wenn der Andere uns verletzt hat. Damit sind wir schon bei der zweiten Verletzungsart. Der Unbewussten.

Wir sagen etwas und sind uns der Tragweite, die es beim Gegenüber auslöst gar nicht bewusst. Das können wir auch in vielen Fällen nicht sein. Jeder in der Beziehung bringt seine ureigenen Themen mit in die Partnerschaft. Sie sind uns so eigen und seit der Kindheit angelegt, dass wir sie selber kaum kennen. Hier sprechen wir von blinden Flecken.

Eigentlich gibt es genau zwei Formen von Aussagen, die uns bis ins Mark verletzten. Das eine ist die unbegründete Kritik. Sie entbehrt jeder Grundlage und stellt uns in ein Licht, in, dass wir nicht hineinpassen. Wir könnten sie getrost vergessen. Ungerechtigkeiten halten wir jedoch nur schwer aus. Dadurch kauen wir meist lange auf Ihr herum.

Die zweite verletzende Bemerkung geht nochmals tiefer. Sie stimmt! Gleichzeitig trifft sie auf einen Punkt, den wir nicht sehen können, oder wollen. Diese Aussage zeigt, einem Finger gleich, auf einen blinden Fleck in unserem Leben.

Was war eigentlich genau passiert?

Nun, ich hielt mich für einen einfühlsamen Mann. Ich war hilfsbereit und jederzeit da, wenn ich gebraucht wurde. Ruhe, Ausgeglichenheit und eine gelassene Art gehörten ebenfalls dazu. Gleichzeitig hielt ich mich für klar und eindeutig in meinen Aussagen. Ich sprach die Dinge an, die mir auffielen. Nicht immer sofort, aber dann, wann ich es für angebracht hielt.

Soweit, so gut. Diese Dinge sind schön und auch heute finde ich, dass sie durchaus zu meinen Stärken gehören. Leider, oder vielleicht sogar zum Glück, hatte ich die Rechnung ohne meine blinden Flecken gemacht.

Wo Licht ist, ist auch Schatten.

Doch den Schatten schauen wir uns, wenn überhaupt, nur sehr ungerne an. Meine dunkele Seite hast du eventuell schon erkannt. Für mich ist Sie heute sehr offensichtlich. Doch fangen wir mit der Deutlichsten an.

Ich sprach die Dinge an, wenn ich es für angebracht hielt. So war meine Freundin nicht in der Lage, angemessen zu reagieren. Manchmal war so viel Zeit vergangen, dass sie sich kaum noch erinnern konnte. Um eine solche Leistung zu erbringen, musste ich nachtragend sein.

Aber was war mit dem Anhänger?

Ein weiterer Schattenbereich. Ich war so stark um Harmonie bemüht, dass ich Ängste, die aus dem Ruder laufen konnten, nicht benannte. Das, obwohl ich der Überzeugung war, genau dieses zu tun. Stattdessen schloss ich heimliche Verträge ab. Der Anhänger war so ein Vertrag.

Ich mache dir ein wunderschönes Geschenk. Dafür liebst du mich weiter und verlässt mich nicht. Das Heimliche daran war, dass nur ich diesen Vertrag kannte und das noch nicht einmal bewusst. Ein in der Kindheit gelerntes Verhalten trug sich unbewusst fort. Bis zu jenem schicksalhaften Morgen. Erst danach wurde mir deutlich, wie viele solcher Verträge ich bereits abgeschlossen hatte. Es war eine harte Arbeit, sie aufzulösen.

Doch nun genug von mir. Lass uns zu dir kommen.

Ein Vorgeplänkel

Da ich dich nicht persönlich kenne und nicht weiß, wie fundiert deine Partnerschaft ist, möchte ich dir eine kleine Übung vorschlagen. Solltest du aus dem Artikel einzig und alleine diese Übung mitnehmen, wird sie eure Beziehung enorm bereichern.

Einmal in der Woche nehmt ihr euch zehn Minuten Zeit. Es darf gerne auch länger sein. Fünf Minuten erzählt einer von euch, wie seine Woche gelaufen ist und wie es ihm damit geht. Nach diesen fünf Minuten wird gewechselt.

Die Aufgabe des anderen ist es zuzuhören. Nur zuhören! Keine Lösungsvorschläge oder Angebote unterbreiten! Das fällt vor allem Männern oftmals schwer. Sie packen gerne ihren Werkzeugkasten aus, um die Dinge zu reparieren. Darum geht es hier nicht. Es geht um das Zuhören.

Wenn ihr nach den zehn Minuten etwas klären möchtet, könnt ihr das machen. Fragt aber bitte euren Partner, ob er das auch möchte. Erst einmal würde ich euch empfehlen, auf diesen weitergehenden Austausch zu verzichten.

Wenn ihr die Übung noch intensivieren wollt. Nehmt euch die Zeit und schaut euch vorher zwei Minuten einfach nur in die Augen. Nicht sprechen, nur schauen. Beim Gespräch solltet ihr den Blickkontakt natürlich halten.

Übung: Das Erkennen von blinden Flecken

Nun geht es endlich um die blinden Flecken. Du kannst die Übung auch alleine machen. Wirkungsvoller und hilfreicher ist es allerdings, wenn du sie zusammen mit dem Partner machst. Solltest du Single sein, nimm einen Freund zur Unterstützung oder hole dir professionelle Hilfe.  Soheila Mojtabaei wird dich sicherlich ebenfalls unterstützen können.

Gehe ruhig erst einmal von deinen Stärken aus:

  • Was glaubst du selber über dich?
  • Wie bist du?
  • Was zeichnet dich aus?

Nimm dir Zeit dafür! Du solltest auf mindestens 10 besser sogar 20 Punkte kommen. Vergesse bei alldem, was folgt, bitte nicht, dass deine Stärken wichtig sind. Die blinden Flecken sind eine Erweiterung und nicht die Hauptsache!

Dann schreibe dir zu jedem deiner gefundenen Punkte den Gegenpol auf. Meist sind es die Punkte, von denen wir glauben, dass wir garantiert nicht so sind.

Hier ein paar Beispiele:

  • Du bist ein fürsorglicher Mensch – du engst Menschen mit deiner Fürsorge ein.
  • Harmonie ist dir wichtig – du weichst Streitigkeiten aus.
  • Du bist ein Individualist – es geht dir nur ums Anders-sein.

Wenn du die Gegenpole gefunden hast, überlege, ob an ihnen nicht vielleicht doch etwas auf dich zutrifft. Hierbei kann die Sicht eines anderen enorm helfen. Nachdem du den ein oder anderen blinden Fleck erkannt hast, lege deine Aufzeichnungen beiseite.

Ließ dir abschließend noch einmal deine Stärken durch. Denn, wie bereits gesagt, sie zeichnen dich aus!

Mein Name ist Peter Wiesejahn.

Ich bin 1966 in Köln geboren. Hier lebe, lache, liebe und arbeite ich. Seit meiner Ausbildung in der Gestalttherapie bin ich fasziniert davon, wie Menschen Kontakt aufnehmen. Grundlage für einen guten Kontakt nach Außen ist aus meiner Sicht ein guter Kontakt zu sich selbst. „Immer mehr ich selbst zu werden“ bildet daher die Grundlage meiner Arbeit. Ich bin seit 2003 Selbstständig. Mein erste Blog erblickte Anfang 2017 das Licht der Welt. http://projekt-david.de/

 

Vielen Dank für deine schöne Geschichte, lieber Peter!

Herzlichst

Soheila

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